wintersonne
world expo zaragoza
Eine überdimensionale, begehbare Schneekugel ist das zentrale installative Objekt, umgeben von einer panoramatischen, animierten Projektion: Dieses begehrte österreichische Patent eines Wintersouvenirs wird zum Habitat für Menschen in weitläufigen abstrakten Landschaften. In entspannten Posen lagern und bewegen sich freundlich gestimmte Menschen auf einer Gletscherwiese, im Sonnenblumenfeld, am Bergsee und zwischen den Heuballen eines frisch gemähten Feldes. Das Land steigert seine natürlichen jahreszeitlichen Ressourcen für Winter- und Sommerurlaub zum totalen, künstlichen Ereignishorizont. Wir befinden uns in der nahen Zukunft des simulierten Wetters. Ein Sonnenbad am Gletscher, jederzeit.
photos: a. giannotti, m. loizenbauer, c. haring
Die langsamen, fast privaten Posen der PerformerInnen der Projektion mischen sich diskret mit jenen von Zufallsposeuren. Alle sind sie am Seestrand und blicken den Pavillonbesucher einladend an.
Von Zeit zu Zeit nähern sich die virtuellen Personen dem Rand zwischen Projektion und Auditorium. Sie scheinen sich über ihre eigene Projektionsfläche zu beugen, stehen da und stellen dem Besucher die Frage nach seiner eigenen Erwartung: was wünscht er/sie sich von einem idealen Land? Vielleicht nur, dass seinesgleichen geschieht, an einem idealen Strand.
Der goldene Schnitt, die feine Linie der Balance wird durch die Projektion simuliert, eine rein virtuelle Linie, einen Bühnenhorizont, der die Verhältnisse von innen und außen zugleich darstellt und zum Verschwimmen bringt.
Die transparenten Zonen des Hineinschauens und Herausschauens verdichten die Panoramastraße durch die Wetterzonen zu einem Spiel des Zeigens und Schauens, durch die Flocken der Sand, der Gletscher und zurück. Ein Gleiten durch die Biosphären bis alle vom selben Element umgeben sind und sich das künstliche Wasser in sich selbst ergießt.
gletscherstrand
text: k. zakravsky
In einem idealen Land gibt es jedes Wetter zur selben Zeit. Ideale Bedingungen, jede Jahreszeit jederzeit. Alle Jahreszeiten gleichzeitig, das macht den Urlaub zur idealen, zur totalen Zeit. Denn die Ferienzeit ist die Ausnahmezeit, die ideale Zeit, die Zeit wo der Sommer nur Sommer, der Winter nur Winter und der Sommer Winter und der Winter Sommer ist. In der Zukunft wird das Wetter projiziert. Wetter auf Bestellung.
Und damit auch alle zufrieden sind, die ideale Quersumme aller Wetter.
Es ist wie im Himmel, wo alles auf einmal geschieht, und alles gleichzeitig. In diesem kühlen, alpinen Himmel, wo wir uns alle wieder sehen als wären wir nie woanders, als wären wir nie weg gewesen.
Die Zukunft eines jeden Landes liegt in seinen Menschen.
Die Menschen bilden die ideale Landschaft. Und nur eine Landschaft aus Leuten ist nachhaltig lebendig.
Die Menschenmasse zieht sich wie ein Bergmassiv bis an den Horizont.
Die Menschen sind ihr eigener Horizont.
Der Horizont, das sind wir.
Im Bergmassiv begegnen wir uns selbst.
Und gegenseitig.
Wir kamen und wollten Ferien machen, um in das Land hineinzuschauen,
aber das Land erhob sich und schaute zurück.
Das Land nahm, das Land wurde ein Bad in der Menge.
Die lose lagernden Freizeitmenschen am offenen Horizont des Gletscherstrandes üben sich ein im zeitlosen Leben.
Strand, das ist Sinnlichkeit.
Die virtuelle Erlösung von den Anstrengungen des alltäglichen Kleider- und Machtgebarens.
Und der Gletscherstrand ist dem Himmel näher als jeder andere Strand.
Der Gletscherstrand ist das Juwel eines idealen Landes.
Architekturzentrum Wien, AT
EXPO Zaragoza, ES
EXPO Zaragoza, ES
dates
Künstlerische Leitung, Choreografie, Video: Chris Haring
Tanz und Choreografie: Luke Baio, Stephanie Cumming, Katharina Meves
Komposition, Akustik: Glim (Andreas Berger)
Bühnengestaltung, Licht: Thomas Jelinek
Video, Editing, Foto: Michael Loizenbauer
Video, Editing: Viktor Schaider, Blendwerk
Produktion: Marlies Pucher
Bühnengestaltung, Visuals: Aldo Giannotti
Text: Katherina Zakravsky
Performance & Installation zur Eröffnung des Österreich Pavillons am 19. Juni 2008 im Rahmen der Weltausstellung Zaragoza