leopold museum

Gotisch verlängerte Leiber, virtuos verzerrte Perspektive, im Vakuum verlorene Einzelwesen mit stechendem Ausdruck in den Augen. In einer Zeit, in der man nicht weiß, was auf einen zukommt, scheint es logisch, sich von den Revolutionären der Form, der Linie, der Perspektive, inspirieren zu lassen. In den Räumen des Leopold Museums, dort, wo sonst Werke beeindrucken, deren Titel wie direkte Handlungsanweisungen klingen und auf denen die Fleischlichkeit der Körper in dunkler Farbgebung zelebriert wird, inszeniert Liquid Loft utopische Charaktere, konzentriert sich auf das Körperliche, spart alles Ornamentale aus.

Wenn die Sinne nicht mehr hinterherkommen, die Umbrüche in der Welt zu verarbeiten, ist auch das Selbstverständliche hinterfragbar, unnatürlich, angreifbar. Schon in den Werken von Schiele, aber auch bei Nietzsche oder Freud, ist die Idee der einmal geformten und festgeschriebenen Person nicht mehr haltbar. Das Individuum wird zum Dividuum, der Körper wird zum letzten Rückzugsort. Erst in schwelenden Stille- und Zeitlupenphasen werden Spuren expressiver Verzerrungen im ihm sichtbar.

Drohende Farben, tropfende Stille.
Notizen zu Stand-Alones ( polyphony )

Stefan Grissemann

Die Körper sind am Ende, sie kauern, zittern, stehen allein und nur für sich selbst, sie verrenken und verbiegen sich, kippen gefährlich aus dem Gleichgewicht, sinken jäh in sich zusammen. Und doch dauern die Erschöpfungszustände an. Seit wie vielen Stunden, Tagen, Wochen halten sich diese Gestalten hier schon auf? Die Einsamkeit des Aktmodells, das in den ihm zugedachten Posen verharren muss, ist greifbar, dabei setzt seine gequälte Persistenz etwas in Gang. Als Objekte der Schau- und Angstlust dienen sie alle, aber sie sind auch Subjekte. Die Ab- und Eingerichteten richten selbst etwas an.

Die grenzverletzenden Visionen des Egon Schiele sind nicht zu rekonstruieren, nicht nachzuspielen. Sie bleiben unübersetzbar, eine linguistisch nicht mehr zugängliche foreign tongue. In Stand-Alones wird daher nicht nachgebildet, sondern – per Dissoziation und subtilem Rollenwechselspiel – vorausgedacht. Die ferne Tanzmusik eines Orchesters, das einen imaginären Ballsaal bespielt, ist nicht die Beschwörung einer vergangenen Zeit, sondern die akustische Entsprechung einer entrückten, aus der Zeit gefallenen Inszenierung.

Die Handelnden sind, zwischen Erregung und Schwermut, zwischen Beengung und Entgrenzung pendelnd, autonom und isoliert, dabei von einem doppelten Soundtrack umgeben, von chorischen Drones und Musikfragmenten, aber auch von Geräuschen, Sprachsplittern und eigentümlichen Monologen; sie halten unaufhörlich Zwiegespräche mit sich selbst. ihr Status ist schizophren, zugleich solipsistisch: Sie sind mit ihrer Spaltung allein. Sie stellen etwas dar, das man Bipolaroids nennen könnte: doppelte Sofortbilder, stimmungsschwankende Überblendungen ihrer selbst.

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In den leeren Räumen des Museums kommen sie zu sich, weitgehend befreit von allem Ornamentalen, verrichten skulpturale Körperarbeit. Die Figuren atmen entkräftet, in sich gekehrt und versunken, um sich wieder aufzuraffen, mit expressiver Gestik und gezerrten Gesichtern. Ihrer sporadischen Nacktheit ist, ähnlich wie auch Schieles Genitalforschung, kaum Erotisches eigen; die undress/redress-Bewegungen dieser schutzlosen Gestalten muten eher insektenhaft, als wollten sie in die Ecken der Räume kriechen, die sie belagern, gegen die Wände schlagen oder in ihnen verschwinden. Sie sind vereinzelt, Einzelwesen, aber auch Dividuen, im Sinne etwa des Philosophen und Schiele-Zeitgenossen Fritz Mauthner, der das „Doppel-Ich“, das parallele Bewusstseinslagen generiert, als Begriff prägte. Unerklärliches wird demonstriert und ausagiert, sprachliche Manierismen werden genüsslich seziert.

Wie in Zeitlupe schweben die Androiden durch ihren Traum von der Schönheit der Maschinen, von entäußerter Seelenpein und komischer, bisweilen auch kosmischer Übersteuerung. Dem Wahn kann man nur nahe sein, wenn man über ein Ich verfügt, wenn man „Psyche“ und „Wirklichkeit“ für existent hält. „Schenk mir die drohenden Farben des Nordens ⁄ die tropfende Stille der schneelosen Nacht”, heißt es in Hildegard Knefs „Ostseelied“, das unter den vielen Zitaten dieses Abends zu den überraschendsten gehört – und dann: „Schenk mir die ängstlichen Lichter des Morgens.” Der Hass auf die Sonne ist uferlos.

Die Ruhe setzt ein, der Morgen kommt zaghaft. In den sich drehenden, einander kopierenden Menschenplastiken wird ein weiterer Bezug zwischen Vor- und Abbild, Modell und Malerei hergestellt. Mit einer Mischung aus Ennui und Überspannung reagiert man hier auf die Zumutungen einer unüberblickbaren, untergehenden Welt. Das Leid und die Neugier auf die – nur unter extremen Bedingungen – in sich noch zu aktivierenden Kräftereserven werden in Stand-Alones in prekärer Balance gehalten. Als klingendes Ohnmachtszeichen fungiert der wiederkehrende, seltsam leidenschaftslose Schrei all jener, die von dem Unrecht, das ihnen geschieht, nicht mehr überrascht werden können. Sie rennen, tasten und steigen, die Schwerkraft verachtend, gegen die Wand, Energieschübe durchzucken die Körper, bis zur Ermattung. In der finalen Kongregation werden die Gegenwehr der Ausgestoßenen und die Intensität der verzweifelten Selbstüberwindung noch einmal beschworen: die Wut und das Elend, gemeinsam-getrennt.

03.08.2019

ImPulsTanz Vienna International Dance Festival, AT

02.08.2019

ImPulsTanz Vienna International Dance Festival, AT

01.08.2019 (premiere)

ImPulsTanz Vienna International Dance Festival, AT

dates

die presse, 2.8. 2019

ImPulsTanz: Wesen, utopisch und redselig / Isabella Wallnöfner

Chris Haring stellt tänzerische Miniaturen in den Räumen des Leopold-Museums aus. Seine „Stand-Alones“ sind lebendige Bilder.

Eine erschöpfte Frau kauert auf dem Boden. An die taubengraue Wand gelehnt, scheint sie mit entrücktem Blick durch die Zuschauer durchzusehen. Sie ist allein in einem großen, leeren Ausstellungsraum. Keine Bilder an den Wänden. Keine Objekte stehen da. Eine Besucherin ist verunsichert und fragt, wo es denn hier zur Performance gehe. Nun ja: Sie ist schon mittendrin.

Acht charismatische Tänzerinnen und Tänzer (darunter die unvergleichliche Stephanie Cumming) hat Chris Haring für sein Stück „Stand-Alones (Polyphony)“ im Leopold-Museum versammelt – hier steht buchstäblich jede und jeder für sich in einem eigenen Raum, mit der eigenen Musik, eigenen Sounds, die individuell über iPods und mobile Lautsprecher abgespielt werden. Gezeigt werden darstellerische Miniaturen, die man als Zuschauer zusammensammelt, indem man von einem Raum in den nächsten schlendert, manchmal zieht einen auch die Neugier weiter, weil um die Ecke eine interessante Geräuschkulisse lockt. Es gibt keine Reihenfolge, keine Vorgaben, keine Zeiteinteilung, kein Richtig, kein Falsch – nur viel Raum, um zu schauen und zu spüren.

Immer wieder trifft man beim mehrmaligen Rundgang auf diese acht Persönlichkeiten, und jedes Mal zeigen sie ein kurzes Stück, eine andere Facette. Haring geht es um „die Dekonstruktion der Vorstellung von kohärenten Persönlichkeitsmustern“, um Figuren, die „grundsätzlich polyphon“ sind. Sie werden in diesen 80 Minuten vieles sein: unheimlich, verletzlich, utopisch, komisch, roboterhaft, verwirrt und oft redselig . . .

Immer wieder wird das Geschehen von einem sonoren „Ah“ unterbrochen. Dann stellen sich die Tänzer in verknoteter Haltung hin, graben sich die Nägel in Augenhöhlen und Nacken, verzerren die Gesichter und öffnen den Mund stumm zu dem Schrei, der aus der Akustikkonserve quillt. Dann sind diese Einzelwesen über die trennenden Wände hinweg auf berührende Weise miteinander verbunden.

sich einfach treiben lassen

Doch wie jede Sequenz dauert auch diese nicht lang. Schon sind alle wieder dabei, etwas anderes zu machen – die eine scheint einbeinig kopfüber in den Boden tauchen zu wollen, ein anderer vollführt yogaähnliche Übungen, eine Dritte murmelt gegen die Wand. Wenn man sich einmal damit abgefunden hat, dass man unmöglich alles sehen kann, lässt man sich einfach durch die Räume treiben, um ganz ungezwungen in diese performativen Stimmungsschwankungen einzutauchen. Das Gefühl, durch eine Performance zu gehen wie durch ein Museum, wo man bei jedem Ausstellungsstück so lang verweilen kann, wie man will, ist großartig. Hier sind nicht nur die Figuren polyphon, jeder sammelt andere Eindrücke.

Wiener Zeitung, 2.8.2019

Knochiger Widerspruch / Theresa Luise Gindlstrasser

Die neue Produktion von Liquid Loft inszeniert Tanzkörper als Ausstellungsexponate.

Die Ausstellungsräume sind leer. Ganz leer? Nein! Acht Tänzerinnen und Tänzer belegen die acht Räume im Untergeschoss des Leopold Museums. Dort, wo üblicherweise bildende Kunst hängt, steht oder passiert, agieren bei der Uraufführung von „Stand-Alones (polyphony)“ im Rahmen von Impulstanz Luke Baio, Stephanie Cumming, Dong Uk Kim, Katharina Meves, Dante Murillo, Anna Maria Nowak, Arttu Palmio und Hannah Timbrell. Ausgestattet mit portablen Lautsprechern bespielen sie die leeren, hell erleuchteten Säle mit Solo-Nummern. Geräusche, Gemurmel, Gesprächsfetzen und Gesang – was auch immer der Sound, er wird von den Tänzerinnen und Tänzern in Bewegung übersetzt. Besser gesagt: Körperlich synchronisiert.

von schiele inspiriert

Die akkurat gearbeitete Verbindung von Sound und Bewegung ist ein Markenzeichen der Arbeiten der österreichischen Company Liquid Loft und ihrem Choreografen Chris Haring. Die vorangegangene Produktion „Models of Reality“ war Anfang des Jahres im Tanzquartier zu sehen und basierte hauptsächlich auf Alltagsgeräuschen. Für „Stand-Alones (polyphony)“ wurden die Werke Egon Schieles, deren weltweit größte Sammlung sich im Leopold befindet, herangezogen. Bei diversem und reichhaltigem Audiomaterial, verdrehen sich die Tänzerinnen und Tänzer, schrauben Oberkörper gegen Unterkörper, umfassen mit hinter dem Rücken hervor gebogenen Armen ihre Gesichter. Der Wiedererkennungs-Faktor der knochigen Schiele-Körper ist gegeben.

Sigmund Freud sprach von drei Kränkungen der Menschheit. Dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Weltalls ist. Dass der Mensch nicht außerhalb des Tierreiches steht. Und dass, mit Freud selbst, das Ich nicht Herr im eigenen Haus ist. Viele andere Kränkungen ließen sich anführen. Vielleicht auch diese: Dass wir fragmentarisch, widersprüchlich und knochig sind. Diese Kränkung hat uns wahrscheinlich Schiele beigebracht. Und ganz im Sinne dieser Kränkung brechen die acht Soli immer wieder ab, setzen mit anderem Material an anderer Stelle neu an. Hosen werden ausgezogen, durch Haare hindurch geschimpft, jemand forciert die eigene Atmung indem der Brustkorb mit den Händen gehoben und gesenkt wird, ein Lied von Hildegard Knef läuft als Playback. Rationale Subjekte schauen anders aus.

disparate präzision

Das Publikum kann sich während der Performance frei durch die Räume bewegen. Es ist ein verwirrendes Ereignis. Die Präzision der Körper zum Sound steht dem Collagenhaften, Disparaten des Arrangements entgegen. Da passt etwas zusammen und es passt nicht zusammen. Die Körper lassen sich wie Museumsstücke beäugen und umkreisen. Wird ein Solo unterbrochen, scheint es, als würden die Tänzerinnen und Tänzer vom Exponat-Dasein ins Lebendige wechseln, ganz pragmatisch richten sie sich für eine neue Situation ein. In diesen Zwischenmomenten ist in allen Räumen romantische Tanzmusik, wie aus einem alten Film, zu vernehmen. Ganz leise, wie eine Erinnerung, verbinden diese Klänge die acht Räume miteinander.

Am Ende synchronisieren sich die acht Tänzerinnen und Tänzer tatsächlich. Sie alle wechseln in die große Halle und vertanzen ein großes gemeinsames Tönen. Polyphonie, heißt der Abend im Untertitel, hier passiert sie in Gleichzeitigkeit. Lautstärke und Bewegungsintensität nehmen zu, die Schiele-Körper ruckeln mit weit aufgerissenen Augen. Es ist eine Vernetzung in Isolation. Und kurz bevor das Grande Finale ganz ins Sakrale aufsteigt, hört es auf. Sehr verwirrend!

der standard, 2.8.2019

Meisterhaft: Liquid Lofts „Stand-Alones (polyphony)“ bei Impulstanz / Helmut Ploebst

Sich gehörig verbiegen: Die neue Performance „Stand-Alones (polyphony)“ von Liquid Loft bei Impulstanz im Leopold-Museum

Manche Leute sind im Alltag verdammt gute Schauspieler. Andere wiederum kommen authentischer daher, als ihnen lieb ist. Und etliche geben sich so cool, dass man ihnen gern mit einem Schnauferl Sauerstoff zu Hilfe käme. Denn in ihrem Inneren sieht es oft viel interessanter aus. Im Grunde wissen alle um ihre Zerrissenheiten, aber kaum jemand weiß diese zu schätzen. Wie schade.

Ein Besuch bei Liquid Lofts Performances bringt uns da möglicherweise weiter. Die Gelegenheit ist günstig: Bei Impulstanz zeigen Choreograf Chris Haring, Musiker Andreas Berger und die Crew der Liquid-Loft-Langzeit-Rechercheure zum Thema Authentizität des Unauthentischen eine ganz neue Versuchsanordnung: Stand-Alones (polyphony) im Leopold-Museum.

alleine stehen

Und wieder ist das Publikum nachvollziehbar begeistert von der Wiener Performancegruppe. Diesmal in den Räumen einer ganzen Museumsetage, in jedem Raum ein Performer, zwei Tonquellen und ein Menü in einem elektronischen Gerätchen, aus dem sie ihre aufeinanderfolgenden Parts auswählen. Wir alle kennen die perfide Aufforderung „Sei ganz du selbst“, die im besten Fall ein tief fliegendes Hackl ist, dem es auszuweichen gilt. Harings Alleinstehende müssen nicht. Denn sie imitieren ja nur Möglichkeiten der Darstellung von kultureller Verbogenheit und Verwerfung.

Ein typisches Lquid-Loft-Leitmotiv zeigt sich, sobald die Performer ihre Münder aufmachen: als Trennung von Körper und Sprachquelle. Letztere ist immer eine Soundbox: Wir tendieren dazu, nachzusprechen, was uns aus dem sozialen und medialen Umfeld entgegenschallt. Und ehe man sich’s versieht, wird man selbst zum Lautsprecher, der anlassbezogen abspielt, was ihm eingetrichtert ward. Das führen die „Stand-Alones“ meisterhaft vor.

nachplappern

Und weil wir permanent mit Zukunftsversprechungen gefüttert werden, sind wir dazu verdammt, nie im Jetzt zu sein. In diesem Fluch stecken auch die Liquid-Loft-Figuren fest. Was das mit ihren Körpern, die zugleich Innenleben und Kultureinflüsse repräsentieren, macht, sieht gar nicht gesund aus. Die „Stand-Alones“ sind, wie ihre Zuschauer, isolierte Wesen, die sich mit Obsessionen herumschlagen, die nicht einmal ihre eigenen sind.

Das Vergnügen, ihnen dabei zuzuschauen, kommt aus der oft bitteren, mit Peinlichkeit spielenden Ironie ihrer Darstellung. Sie ermöglicht beim Zuschauen immer noch eine Distanzierung. Was natürlich ein Geschenk ist, da das Publikum ansonsten vor lauter Betroffenheit übersehen könnte, wie großartig die Darsteller arbeiten: Katharina Meves zum Beispiel oder Anna Maria Nowak und Dong Uk Kim.

kurier, 3.8.2019

Liquid Loft bei ImPulsTanz: Radikaler Parcours der Schmerzen /  Peter Jarolin

Kritik: Chris Haring und seine Truppe Liquid Loft mit „Stand-Alones [polyphony]“ im Leopold Museum.

Ja, Kunst kann mitunter wehtun. Sie kann irritieren, provozieren, schockieren, verstören und für heftige Diskussionen sorgen. Das musste bereits Egon Schiele am eigenen Leib erfahren, dessen Werke – lange bevor sie Kultstatus erlangten und im Wiener Leopold Museum eine Art Heimat fanden – allerlei Anfeindungen ausgesetzt waren.

schiele weiter gedacht

Für das Festival ImPulsTanz wandelt nun Chris Haring mit seiner famosen Truppe Liquid Loft auf den Spuren Schieles und gibt – naturgemäß im Leopold Museum – dem Maler-Genie all seine Radikalität zurück. Aber: Haring und seine acht Performerinnen und Performer bespielen nicht die Bilder und spielen nicht mit ihnen. Sie bleiben in den leeren Räumen des Untergeschoßes, stellen die Motive Schieles aber perfekt zur Schau. Die derzeit laufende (übrigens sehr sehenswerte) Ausstellung „Wien 1900“ wird ausgespart, ist aber dennoch omnipräsent.

schiele neu gemacht

Wie bei einer echten Ausstellung spazieren die Besucher durch acht Räume. In jedem ist eine Performerin/ein Performer am Werk. Ausgestattet mit MP3-Player und einem Bluetooth-Lautsprecher kauern die einzelnen Gestalten in den Ecken oder in der Mitte: Verzerrte Gesichter, verrenkte Beine, über den Kopf verschränkte Arme, pure Nacktheit – viele Motive Schieles werden körperlich lebendig.

Es sind großartige Bilder, die gehen, die stöhnen, die leiden, die sprechen, die sich winden. Bewegte Bilder, die das gesamte Spektrum von erotisch-pornografisch aufgeladenen Situationen bis zu schmerzverzerrten Daseinsüberlegungen abdecken. Es sind eben echte „Stand-Alones“, die Haring/Liquid Loft zum Sound-Teppich von Andreas Berger kreiert haben.

Der Mensch in all seiner Körperlichkeit, seiner Sexualität, seiner Verwundbarkeit, seiner Schutzlosigkeit – Haring liefert (wie Schiele) seine bewegten und bewegenden Akte dem Blick des Betrachters schonungslos aus. Kunsthistoriker haben dabei auch ihre Freude – welches Gemälde, welche Zeichnung stand wofür Pate? Ein hinreißendes Vexierspiel!

Am Ende fügen sich die Miniaturen zu einem großen Ganzen, zu einem von Haring virtuos choreografierten Ensemble, zu einem echten Parcours der Schmerzen. Bildende Kunst in einer neuen Dimension – fantastisch!

 

reviews

Tanz, Choreografie: Luke Baio, Stephanie Cumming, Dong Uk Kim, Katharina Meves, Dante Murillo, Anna Maria Nowak, Arttu Palmio, Hannah Timbrell
Künstlerische Leitung, Choreografie: Chris Haring
Choreografische Assistenz: Stephanie Cumming
Komposition, Sound: Andreas Berger
Licht Design, Szenografie: Thomas Jelinek
Theorie, Text: Stefan Grissemann
Stage Management: Roman Harrer
Foto- und Videodokumentation: Michael Loizenbauer
Internationale Distribution: APROPIC – Line Rousseau, Marion Gauvent
Company Management, Produktion: Marlies Pucher

Eine Koproduktion von Liquid Loft und ImPulsTanz Vienna International Dance Festival.

Liquid Loft wird gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7) und dem Bundeskanzleramt für Kunst und Kultur (BKA).

credits

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